Tipps für Ihren Ausflug in Saint-Émilion

Nur rund 40 Kilometer östlich von Bordeaux liegt Saint-Émilion, ein Ort, der wie kaum ein anderer das französische Lebensgefühl verkörpert. Eingebettet in die sanften Hügel der Region Entre-deux-Mers und umgeben von unzähligen Weinbergen zieht das mittelalterliche Städtchen Besucher aus aller Welt in seinen Bann.

Seit 1999 zählt Saint-Émilion mit seinen umliegenden Weinbergen als erstes Weinanbaugebiet überhaupt zum UNESCO-Welterbe – ausgezeichnet für sein harmonisches Zusammenspiel von Landschaft, Geschichte und Handwerk.

Ob als Tagesausflug von Bordeaux, als romantisches Wochenende zu zweit oder als Station einer genussvollen Rundreise durch das Bordelais – wer durch die kopfsteingepflasterten Gassen von Saint-Émilion schlendert, versteht schnell, warum dieser Ort seit Jahrhunderten Weinliebhaber und Genießer in seinen Bann zieht.

Saint-Émilion gehört zwar offiziell zur Region Entre-deux-Mers, doch die Einheimischen lächeln über diese Einstufung meist nur. Für sie beginnt hier das wahre Herz des Bordeaux.

Und tatsächlich wirkt der Ort wie das Herzstück einer jahrhundertealten Weinlandschaft. Seit 1999 zählt die Juridiction de Saint-Émilion mit ihren acht Gemeinden und über 7.800 Hektar Rebfläche zum UNESCO-Welterbe. Es ist eine Kulturlandschaft, die nicht nur erhalten, sondern auch gelebt wird. Hier, wo rund 1.000 Winzerfamilien ihre Weinberge hegen, treffen Handwerk, Leidenschaft und Geschichte in selten schöner Harmonie aufeinander.

Wenn man durch die kleinen Straßen schlendert, spürt man dieses Erbe: in den geschnitzten Türstürzen, den alten Fasskellern und im Lächeln der Menschen, die mit Stolz von „ihrem Saint-Émilion“ sprechen.

Dieser Guide führt Sie durch alles, was Sie für Ihren Aufenthalt in Saint-Émilion wissen müssen – von historischen Sehenswürdigkeiten über Weinerlebnisse bis hin zu kulinarischen Empfehlungen.

Die Legende des heiligen Émilion

Wer den Namen dieses Ortes ausspricht, ruft zugleich die Legende seines Gründers wach. Émilion, ein bretonischer Mönch aus Vannes, kam im 8. Jahrhundert hierher, um ein Leben in Stille und Gebet zu führen.

Seine Zuflucht fand er in einer Höhle mitten im Fels, die heute als Ermitage de Saint-Émilion bekannt ist. Die Wände sind kühl und glatt, Kerzen flackern im Halbdunkel und wenn der Guide leise erzählt, dass Émilion hier 17 Jahre lang lebte und betete, dann glaubt man es sofort.

In dieser Grotte befindet sich auch der legendäre „Siège d’Émilion“, der Sitz des Heiligen. Die Legende besagt, dass Frauen, die sich dort niederlassen und den Heiligen um Fruchtbarkeit bitten, binnen eines Jahres Mutter werden.

Unglaublich? Vielleicht. Doch das Tourismusbüro erhält jedes Jahr zahlreiche Geburtsanzeigen von Paaren, die eigens dafür aus aller Welt anreisen.

Saint-Emillion Aussicht auf Stadt

UNESCO-Welterbe – ein einzigartiges Kulturerbe

Seit dem 2. Dezember 1999 steht Saint-Émilion mitsamt seinen acht umliegenden Gemeinden unter dem Schutz der UNESCO. Die Begründung: Nirgendwo sonst auf der Welt habe der Mensch den Weinbau so harmonisch in die Landschaft eingefügt.

Über 7.800 Hektar Reben, fast 1.000 Winzer:innen und eine Gemeinschaft von 5.000 Einwohner:innen bilden zusammen ein lebendiges Kulturerbe, das die Geschichte des Weins erzählt: von der römischen Vitis biturica bis zum heutigen Grand Cru.

Zwischen den sanften Kalkplateaus, den romanischen Kirchen und gotischen Türmen offenbart sich ein über Jahrhunderte gewachsenes Landschaftsbild. Hier wurde nichts zerstört, sondern mit Respekt geformt – ein Gleichgewicht, das spürbar ist, wenn man durch die Reben wandert oder vom Tour du Roy aus den Blick über das Tal schweifen lässt.

Sehenswertes und Erlebenswertes in Saint-Émilion

In Saint-Émilion gehen Kultur, Geschichte und Genuss Hand in Hand. Zwischen romanischen Kirchen, mittelalterlichen Gassen und den Weinbergen des Bordelais entfaltet sich eine unvergleichliche Atmosphäre. Die folgende Auswahl zeigt Ihnen, welche Orte und Momente Sie in Saint-Émilion nicht verpassen sollten:

Unter der Erde: die monolithische Kirche

Im Herzen des Dorfes verbirgt sich ein Meisterwerk menschlicher Schaffenskraft: die Église Monolithe, die größte unterirdische Kirche Europas. Sie wurde im 12. Jahrhundert direkt aus Kalkstein gehauen und misst 38 Meter in der Länge sowie 12 Meter in der Höhe.

Ihr hoher Glockenturm, der über die Dächer des Dorfes ragt, ist das einzige sichtbare Element – der Rest der Kirche liegt tief im Felsen verborgen. Die Atmosphäre im Inneren ist einzigartig: kühle Luft, gedämpftes Licht und monumentale Pfeiler, die aus dem Stein selbst zu wachsen scheinen.

Die Kirche kann nur im Rahmen einer geführten Tour besichtigt werden. Da die Besucherzahlen begrenzt sind, sollte man diesen Hinweis nicht übersehen. Wer das Glück hat, einzutreten, erlebt jedoch eine Stille, die kaum ein anderer Ort bietet.

Spaziergang in Saint-Émilion: Mittelalterliche Gassen und weite Blicke

Oberirdisch präsentiert sich Saint-Émilion als Bilderbuchdorf – jedoch mit Tiefe. Schmale Gassen winden sich zwischen historischen Häusern, vorbei an Weinkellern, Boutiquen und kleinen Kunsthandwerksläden.

Ein Spaziergang führt unweigerlich hinauf zur Tour du Roy, einem massiven Turm aus dem 13. Jahrhundert. Von seiner Plattform aus eröffnet sich ein Panoramablick über die gesamte Region mit ihren sanften Hügeln, Weinreben, alten Steinkellern und den Türmen der umliegenden Châteaux. Besonders in den Abendstunden, wenn das Licht warm über den Rebhängen liegt, entfaltet dieser Anblick eine fast meditative Ruhe.

Picknick im Kloster der Cordeliers in Saint-Émillion

Ein ganz besonderer Ort im Herzen des Dorfes ist das Cloître des Cordeliers. Das ehemalige Franziskanerkloster stammt aus dem 14. Jahrhundert. Seine von Efeu überzogenen Mauern umrahmen einen grünen Innenhof, der heute zu den schönsten Picknickplätzen des Bordelais zählt.

Hier wird seit dem 19. Jahrhundert der elegante Schaumwein Crémant de Bordeaux produziert, der nach der traditionellen Methode in den unterirdischen Gängen des Klosters reift. Besucher können einen mit regionalen Köstlichkeiten gefüllten Picknickkorb bestellen und ihn zwischen Rosen und Reben genießen.

Die Macarons von Saint-Émilion

Neben Wein und Stein gehört auch Gebäck zur Identität von Saint-Émilion. Die Macarons de Saint-Émilion sind seit 1620 eine Spezialität des Ortes: schlicht, nussig und duftend nach Mandeln. Ursprünglich von den Ursulinen-Schwestern hergestellt, werden sie bis heute nach einer streng gehüteten Klosterrezeptur gebacken, die nur wenige kennen.

Die bekannteste Bewahrerin dieser Tradition ist Nadia Fermigier, deren kleine Pâtisserie in einer ruhigen Seitengasse liegt. Abseits der glatten Pariser Perfektion wirken ihre Macarons fast bescheiden, doch ihr Geschmack spricht für sich: voll, mandelbetont und wunderbar unverfälscht.

Ob die Pariser oder die Saint-Émilion-Version die bessere ist, lässt sich schwer sagen, denn sie könnten unterschiedlicher kaum sein. Doch eines steht fest: Wer beide probiert, erkennt, dass sie keine Konkurrenten sind, sondern zwei Ausdrucksformen derselben französischen Leidenschaft für feines Gebäck. Beide sollte man mindestens einmal gekostet haben.

Ein Abstecher von Saint-Émillion nach Libourne

Nur wenige Kilometer von Saint-Émilion entfernt liegt Libourne, das historische Handelszentrum der Region. Rund um den weitläufigen Marktplatz mit seinen eleganten Arkaden entfaltet sich an mehreren Tagen in der Woche ein Markt, der zu den stimmungsvollsten des Südwestens zählt.

Zwischen Ständen voller Käse, Oliven und duftender Brote mischen sich Winzer, Fischhändler und Blumenverkäufer. In der Luft liegen der Geruch von frischem Kaffee und Salz aus dem Atlantik. Dazu der Blick auf den Markt, die kleinen Cafés und das geschäftige Treiben – einfach traumhaft!

Probieren Sie das kulinarische Erbe: die Lamproie von Sainte-Terre.

In der Nachbargemeinde Sainte-Terre wird eine ganz eigene Tradition gepflegt: die Zubereitung der Lamproie, eines urzeitlichen Flusstieres, das in der Dordogne heimisch ist. Seit Jahrhunderten schmort man es hier in kräftigem Rotwein – ein Rezept, das als „Lamproie à la Bordelaise” zu einem festen Bestandteil der regionalen Küche geworden ist.

Sainte-Terre gilt heute als „Hauptstadt der Lamproie“ und feiert das Tier jedes Jahr im April mit einem Volksfest, das so bodenständig wie herzlich ist. Diese Verbindung aus Natur, Handwerk und Geschichte ist exemplarisch für die Region um Saint-Émilion.

Weinbau in Saint-Émilion

Der Wein ist das Herz von Saint-Émilion. Er prägt die Landschaft ebenso wie die Lebensart. Schon die Römer erkannten das Potenzial der Böden aus Kalkstein und Lehm. Bis heute prägen Reben die Hügel rund um das Dorf. Das milde Klima und die Vielfalt der Böden verleihen den Weinen ihre besondere Tiefe. Der Merlot sorgt für weiche, fruchtbetonte Noten, während der Cabernet Franc für Struktur und Eleganz sorgt. In kleineren Anteilen bringt der Cabernet Sauvignon Würze und Langlebigkeit.

Zusammen ergeben sie Weine, die Balance und Ausdruck vereinen, mit einer aromatischen Spannbreite von samtig bis kraftvoll.

Vom Terroir zum Kulturerbe

Seit 1955 werden die besten Weine Saint-Émilions in einem eigenen Klassifizierungssystem ausgezeichnet und sind damit ein Garant für Herkunft, Qualität und Kontinuität. Unter den Bezeichnungen Grand Cru Classé und Premier Grand Cru Classé A finden sich einige der renommiertesten Weingüter Frankreichs. Die Einstufung wird alle zehn Jahre überprüft und spiegelt den hohen Anspruch der Region wider, Tradition mit beständiger Weiterentwicklung zu verbinden.

Doch neben den großen Namen sind es oft die kleineren Betriebe, die den Charakter der Region greifbar machen. Viele Winzerfamilien arbeiten von Hand, experimentieren mit biologischen oder biodynamischen Anbaumethoden und empfangen Gäste in ihren Chais, wo die Weinverkostung zur Begegnung wird.

Saint-Émilion bei Nacht

Wenn die Sonne hinter den Rebhügeln versinkt und die Sandsteinfassaden im goldenen Licht erstrahlen, wird Saint-Émilion zur Bühne für französische Lebensart. Aus den Restaurants dringt leises Stimmengewirr, Gläser klingen und der Duft von Trüffel und Entenbrust liegt in der Luft.

Ein Spaziergang durch die beleuchteten Gassen offenbart die stille Schönheit des Ortes: Musiker auf kleinen Plätzen, Kerzen in alten Weinkellern und das Gefühl, für einen Moment Teil einer anderen Zeit zu sein.

Zeit für Saint-Émilion

Saint-Émilion verbindet alles, was Frankreich ausmacht: großartige Weine, ehrliche Küche, historische Tiefe und eine unvergessliche Landschaft. Wer durch die Gassen geht, versteht, warum dieser Ort seit Jahrhunderten Reisende anzieht – und warum man ihn am liebsten gar nicht wieder verlassen möchte.